Wir folgen Ana Maria Dias Pires aus Lissabon auf drei Wegen in das portugiesische Herz Münchens. Eine ordentliche Portion Mut, eine ungewöhnliche Gabe, etwas Fügung und inspirierende Hartnäckigkeit begleiten uns durch das Portrait. Nichts von allem war vorgesehen.


Das Viertel kennt sie und grüßt sie herzlich: Ein kurzweiliger Plausch zwischen Tür und Angel, ein Abend mit Fado in der Eckkneipe nebenan, ein guter Wein vom Douro findet seine/-en Abnehmer*in für ein geselliges Abendessen.
Im Club do Vinho in der Hans-Sachs-Straße ist die portugiesische Wein- und Speisekultur in München zu Hause. Mittlerweile wird sie beim Einkaufen unverhofft von interessierten Zuhörer*innen ihrer Konzerte wiedererkannt.
Heute erscheinen die vielseitigen Facetten von Ana Maria Dias Pires ineinander verschlungen: Sie ist zugleich Unternehmerin, Pädagogin, Sängerin, interkulturelle Vermittlerin, ehemalige Kommunalpolitikerin im Bezirksausschuss, Bandmanagerin, Historikerin und nicht zuletzt Großmutter. Doch war es nicht immer so. Eine sorgfältig geplante Strategie weicht im Gespräch mutigen Entscheidungen, der Gunst der Stunde und dem leidenschaftlichen Esprit einer Einzelkämpferin.
Ihr Ladengeschäft eröffnete Ana im Jahr 2005 nach einem hartnäckigen Ringen mit dem Vormieter, der sie schließlich an die Eigentümer weiterempfahl. Als Unternehmerin setzte sie sich trotz der finanziellen Risiken durch und schafft heute mit der Vermittlung ihres ausgewählten Sortiments an Weinen, Feinkost und Büchern eine Brücke zwischen Portugal und Deutschland im angesagten Glockenbachviertel. Und das noch bevor Portugal als Reiseland in den letzten Jahren immer bekannter und beliebter wurde.
Auf einer verschlafenen Feier von Freund*innen packte sie der plötzliche Wunsch nach belebendem Gesang: Zuerst Folkloregesang, dann erklang der Fado. Eine Einladung folgte der nächsten, die Hör- und Mundpropaganda suchte sich ihren Weg auf Festlichkeiten und entwickelte sich zu einem umfassenden Bandprojekt – mit seiner eigenen Dynamik, seinen Herausforderungen und Glücksmomenten.
Die begeisterten Ermutigungen aus ihrem Umfeld führten zur Wiedergeburt eines Namens: Delphina hieß ihre verstorbene Großmutter mütterlicherseits, die sie niemals persönlich kennenlernen konnte. Heute lebt die Erinnerung an sie in Anas Fado weiter. Bat die Mutter noch darum, dass Ana doch das Nachsingen der Radiohits bitte einstellen solle, singt heute Anas Tochter – alias Bibilotta Viktualia – an der Seite der Mutter a cappella. Wenn es nach Ana ginge, würden mehr Menschen den Fado in München anstimmen.
Heute sagt Ana, dass sie nur in Deutschland ihre Leidenschaft zu einem interkulturellen Projekt hätte entwickeln können: Neben dem Gesang und dem Interesse für die Vergangenheit, das aus ihrem Geschichtsstudium erwuchs, leitet Ana portugiesische Sprachkurse und organisiert thematische Veranstaltungen zur Lusophonie an der Münchner Volkshochschule. Auch wenn die Pandemie ihre Spuren hinterlassen hat, ist sich Ana gewiss, dass ihre Vermittlungsarbeit zwischen den Kulturen weitergeht. Erst kürzlich erkundigte sich ihr Neffe in Portugal nach ihrem vielseitigen Leben in Deutschland.
Das Portrait ist aus einem Gespräch auf Portugiesisch zwischen Ana Pires und Adrian Franco im Club do Vinho entstanden.
Veranstaltungshinweis: Wer Delphina mit Bibilotta Viktualia und Band live erleben möchte, kommt gerne am 24.06.2022, um 20:00 Uhr, in das Café Bellevue di Monaco (Müllerstraße 6, 80469 München).
Reservierungswünsche bitte per Mail an: reservierung@bellevuedimonaco.de.
Für mehr Informationen: fado-muenchen.de