Ein Kommentar zum Weltflüchtlingstag
Ein Flüchtling ist ein Mensch, dessen Menschenrechte von einem Krieg, einer Katastrophe, einer Verfolgung etc. geraubt wurden. Er verlässt seine Heimat unfreiwillig. Die Heimat, in der so viel Graues auf engstem Raum herrscht. Alles geht zugrunde bzw. ist bereits zugrunde gegangen. Von Unordnung und Chaos haben die Flüchtlinge mittlerweile (nach all diesen Kriegsjahren) genug.
Flüchtlinge sind – thematisch – bedrohlicher und gefährlicher als Altersarmut, Wohnungsnot, Mietpreisbremse, Misshandlungen in den Familien, Umweltverschmutzung, Drogenkonsum, Klimawandel, Mangel an Pflegekräften und Erziehern. Sie sind jene, die sich immer schuldig für die Fehler anderer Menschen fühlen – obgleich sie diese Menschen gar nicht kennen. Sie sind jene, die sich ständig dafür schämen, ihr Gegenüber zu begrüßen oder in dessen Gesicht zu schauen, wenn kriminelle Handlungen Einzelner mediales Aufsehen erregen; oder wenn irgendein Kokolores diesbezüglich zum Ausdruck gebracht wird.
Sie sind also „ursächlich“ – sowohl im Sinne von „schuldig“ als von „auslösend“. Flüchtlinge sind auch eine Quelle politischer Spannungen und menschlicher Tragödien. Der politische Jargon bezüglich Migrations- und Flüchtlingsthemen ist immens verroht.
Der Rassismusspegel steigt stark. Durch Flüchtlinge ist ein postdemokratisches, neoliberales Kuddelmuddel nationaler und oligopolitischer Interessen entstanden. Entstanden sind auch neue Regierungsformen, die über das Schicksal der Menschen bestimmen.

Khalil Khalil wehrt sich dagegen, geflohene Menschen als Flüchtlinge zu bezeichnen – mit Blick auf die sprachliche Minderwertigkeit. Und sprachlich kennt Khalil sich bestens aus. Vor allem im Deutschen. Foto: Derdinando Iannone
Das Sterben vieler Menschen (im Mittelmeer) reflektiert das Scheitern der Flüchtlingspolitik. Scharfe Kontrollen an den Grenzen sind nicht die Lösung. Migration zu bewerkstelligen, ist eine der wichtigsten Herausforderungen für die internationale Zusammenarbeit in unserer Zeit.
Migration spornt das Wirtschaftswachstum an, verringert Ungleichheiten und verbindet unterschiedliche Gesellschaften und Kulturen.
Ich finde es immer noch banal, wenn der Begriff „Zusammenleben“ verzerrt wird, indem manche versuchen, andere Menschen in Kategorien einzuteilen; oder aus dem «Wir» langsam ein «Ich» und «Du» wird.
Ich musste neulich richtig darüber nachdenken, als ein Freund von mir mich fragte: Bis wann ist man eigentlich Flüchtling? Ja, ich frage mich auch, bis wann begleitet dieses sprachlich minderwertige Substantiv einen Menschen, der sich davon aber befreien will. Sie sollten daher als Menschen behandelt werden – und nicht als ein Teil eines „Stroms“, eines „Problems“, einer „Flut“, einer „Welle“ oder einer „Krise“. Und diese Begriffe dürften – meines Erachtens – nicht salonfähig sein.