Perspektiven einer Afrikanerin – Gedanken einer Studentin aus Uganda

Nach Absolvierung des Studiums schlagen Erwartungen an die Zukunft auf das Gemüt. Was wird der Jobmarkt in einem fremden Land bringen? Trotz Panikattacken werde ich mich um mein Fortkommen weiter bemühen.

Ich muss sagen, es waren zwei lange harte Jahre der Graduate School. Wie alle Schüler genoss ich jede Stufe meines Studiums an der Hochschule Macromedia in München, wo ich einen Master in Medien- und Kommunikationswissenschaft absolvierte. Trotz harter Arbeit an der Uni kam der Ausgleich mit Partys nicht zu kurz.  Dann, kurz vor dem Abschluss, beginnt die Panik vor dem zukünftigen Arbeitsmarkt wieder zu rumoren, obwohl einige von uns zustimmen werden, dass das Vollenden des Studiums ein wichtiger Meilenstein ist. Die Realität ist, dass es einfach ein Sprungbrett zu anderen künftigen Lebensabschnitten ist.

Teil des Abenteuers ist es, wirklich herauszufinden, wer Du bist und was Dir wichtig ist. Also, wie geht es weiter für einige von uns nach dem absolvierten Studium? Was bringt die Zukunft?

Eine Sache, die ich sicher weiß, ist, dass es viele junge Hoffnungsträger wie mich gibt, die sowohl einen Abschluss mit wahrscheinlich ähnlichen Studiengängen, als auch Erfahrungen mitbringen. Die alle um die gleichen Stellen wie ich wetteifern. Dies macht es schwierig, frisch aus der Hochschule zu kommen, aber alles, was man braucht, ist eine gewisse Belastbarkeit, eine großartige Einstellung und ein klares Verständnis von dem, was man wirklich tun will.

Aufgrund erweiterter Kontoüberziehungen und die Verschuldung der Studierenden haben sich einige von uns gleich nach dem Studium auf freie Stellen konzentriert. Aber einige meiner Mitschüler haben sich, anstatt zu arbeiten, die Zeit genommen, um die Welt zu reisen. Sie sind nicht nur gereist und haben die Welt erkundet, sondern sie haben auch die Zeit genutzt, um die verfügbaren Optionen für Karriere zu erforschen oder sogar einige zusätzliche Fähigkeiten zu erlangen. Das könnte wichtig für Ihre zukünftige Berufsrichtung sein.

Aufgrund meiner finanziellen Situation war es für mich wichtig, sofort mit der Arbeit zu beginnen. Aber auch vor allem wegen meiner Kultur. In Uganda, wo ich herkomme, ist es klar, dass man nach dem Studium sofort mit der Arbeit beginnt, um den persönlichen Bedürfnissen gerecht zu werden und in der Lage zu sein, Verwandten zu helfen.

In Uganda gibt es keine Studienstipendien, die Studiengebühren in Uganda liegen zwischen 200 und 300 Euro pro Semester. Es hängt von Eltern und Verwandten ab, Studiengebühren aufzubringen. Es ist daher zu erwarten, dass man sofort nach Schulabschluss einen Job findet, um der ganzen Familie zu helfen.

Während ich mich auf die Suche nach einem Vollzeitjob konzentrierte, haben einige meiner Klassenkameraden beschlossen, andere verfügbare Teilzeitjobs in Bars oder Restaurants zu machen.

Ja, ich spreche über einige meiner intelligenten graduierten Klassenkameraden. Ein paar von denen tauchten sofort in das Berufsleben ein, ohne auf ihre Karriere zu achten, sondern wählten Jobs ohne Bezug zu ihrem akademischen Grad. Eine von ihnen erzählte mir, dass sie als Kellnerin mehr verdiente, als sie jetzt in ihrem gelernten Beruf verdienen würde. Sicherlich braucht man mindestens einige Jobs, um sein volles Potenzial zu erkennen.

Dies ist ziemlich logisch in einer Weise, dass es einem ein Gefühl für die Möglichkeiten und zukünftigen Optionen gibt. Und es gibt einem auch die Chance, die Sektoren mit den meisten Möglichkeiten zu erforschen und sich mit dem Bewerbungsschreibstil vertraut zu machen. Und schließlich kann man allgemeine Fähigkeiten entwickeln, zur Verbesserung der Arbeitsmarktchancen.

In Uganda ist es ungewöhnlich, dass man eine Arbeit ergreift, für die man nicht ausgebildet ist. Bar-, Bedienungs- oder Putzjobs sind eher für diejenigen vorgesehen, die nicht zur Schule oder Universität gegangen sind. Deshalb gründen die gebildeten Leute, wenn sie arbeitslos sind, viel öfter ein eigenes Startup, als dass sie solche einfachen Jobs machen.

Ab und zu treffe ich mich mit meinen ehemaligen Klassenkameraden und bei unseren Gesprächen erhalte ich das klare Bild, dass viele von uns und vielleicht die meisten Schüler nach der Graduierung noch nicht sicher sind, was sie konkret in ihrer Karriere tun möchten. Was ich mitgenommen habe, ist, sich die Zeit zu nehmen, Teilzeitjobs zu machen, um auch Erfahrungen zu sammeln. Dadurch bekommt man die Zeit, um auf Websites von verschiedenen Unternehmen und Organisationen zu schauen, um einen guten Job zu bekommen.

Einer meiner anderen Mitschüler, eine talentierte Designerin, sagte mir, sie genoss ihren Kellnerinnen-Job in einem lokalen Pub in der Münchner Innenstadt. Sie hat sogar selbst einen Job als Restaurant-Managerin bekommen und beschrieb ihre ganze Erfahrung in der Lebensmittel- und Getränkebranche als spannend. Und sie sagte, dass sie den Job wirklich liebt.

Das bedeutet, dass es vielleicht einen Weg gibt, ein bestimmtes Interesse oder eine Leidenschaft in eine andere Karriere zu stecken. Genau wie die Designerin, meine Klassenkameradin. Ich erinnere mich gut: mein Drang zum Journalismus wuchs zum ersten Mal durch meine Leidenschaft für den Sport. In der Zeit, als ich realisierte, dass es einen Mangel an weiblichen Sportjournalisten in Uganda gab, habe ich mich für diesen Beruf entschieden.

Doch durch die beiden Aussagen meiner ehemaligen Klassenkameraden, habe ich gelernt, für alle Möglichkeiten offen zu sein. Weil Inspiration aus den unwahrscheinlichsten Richtungen kommen kann, wenn man einen offenen Geist behält. Sie Inspirieren mich zum Nachdenken über Karriere, egal wo ich bin – ob beim Partymachen oder beim Fernsehen. Und nicht nur das – ich merke, dass es wichtig ist, zu arbeiten, was einen interessiert. Sagen wir es so: Nur weil man einen Abschluss in Rechtswissenschaften hat, bedeutet es nicht, dass man ein Anwalt geworden ist. Aber es gibt die Möglichkeit, dass man vielleicht Interesse an Businessanalyse oder Journalismus hat. Wenn man einen rechtswissenschaftlichen Master hat, könnte man auch eine andere Laufbahn einschlagen, z.B. im Journalismus, Community-Service oder auch im Tourismus.

In der Zeit, die zwischen Abschluss und Karrierebeginn vergeht, kann man ein Praktikum absolvieren, wo man in der Regel mehr Berufserfahrung und Fähigkeiten erlangen kann. Ich komme aus einem Land, wo Praktika fast nicht existieren. Normalerweise ist man nach der Hochschule oder Universität sofort in der Arbeit, oder man ist arbeitslos. Wenn ich an Arbeitslosigkeit denke, rast mein Herz und ich bekomme Druck, meine Bewerbungen weiter zu verfolgen, um einen Arbeitsplatz oder zumindest ein Praktikum zu erlangen. Alles, was man braucht, ist Berufserfahrung, in einem Land in dem Praktika an der Tagesordnung sind.

Die meisten werden mir zustimmen, dass Jobs nicht einfach zu bekommen sind, vor allem wenn man ausländischer Herkunft und des Deutschen nicht vollständig mächtig ist. Dies ist oft eine Ausrede für Leute, die zu bequem sind, die deutsche Sprache zu erlernen. Aber es gibt Leute, die sich anstrengen, einen Arbeitsplatz zu bekommen, damit ihr Lebensstandard steigt.

Zu meiner Überraschung führten meine zig Bewerbungen zu keiner Zusage. Dies lässt viele Fragen offen. Man hinterfragt. Ist es das Alter, die Sprache, die Rasse oder das Niveau der Bildung? Obwohl hier in Deutschland die Arbeitgeber händeringend nach Arbeitskräften suchen, bekommen die meisten ausländischen Arbeitnehmer keine Anstellung.  Vor dem Hintergrund, dass ich jahrelange Erfahrungen aus meiner Heimat besitze, habe ich jetzt den Eindruck bekommen, dass Bewerber, die Praktika hier in Deutschland gemacht haben, schneller Arbeit finden, als ich mit meiner Erfahrung von zu Hause. Es muss betont werden, dass wir als Ausländer durch noch mehr Praktika danach streben sollten, die Fähigkeiten und Erfahrungen zu erwerben, welche die Arbeitgeber suchen.

Darüber hinaus müssen neue Absolventen andere Möglichkeiten erkunden, um ihre Gehirnzellen aktiv zu halten. Zum Beispiel die Teilnahme an Weiterbildung, das Erwerben neuer Fertigkeiten, oder sogar die Verbesserung der eigenen Fähigkeiten. Sie werden mir zustimmen, dass ein frischer Absolvent direkt nach dem Studium keine akademischen Aktivitäten mehr mag. Dennoch sollte man an neuen Aktivitäten oder Schulungen teilnehmen. Dies hilft, um neue Leute zu treffen und neue Netzwerke aufzubauen.

Frisch von der Uni möchte man sich erst einmal entspannen. Auch ein Buch zu lesen oder einen Aufsatz zu schreiben, kann einige Anstrengungen erfordern. Das ist der Grund, warum es bei mir dauerte, meine Gedanken zu sammeln, um diesen Artikel zu schreiben. Trotz der Tatsache, dass ich leidenschaftlich gerne schreibe, habe ich immer noch das Gefühl, meine Gedanken driften ab. Aber Sie, lieber Leser, haben die Chance, meine Artikel zu lesen, solange ich die Leidenschaft für’s Schreiben habe.

Allgemein gesprochen, wohl wissend, dass die meisten meiner Klassenkameraden ihre idealen Arbeitsplätze fast gesichert haben, macht es mir Druck, das auch zu erlangen. Leider haben Bewerbungen für mich nur Absagen gebracht. Aber mein Trostprinzip ist die Jagd nach einem Job. Und ich lass mich nicht unterkriegen von der Zahl der Absagen. Und alle meine Studienkollegen sollten proaktiv, positiv und enthusiastisch sein.

Nebenbei – wir werden unsere Traumjobs nicht in einen Monat nach der Hochschule bekommen. Wir müssen, wie einige meiner ehemaligen Klassenkameraden unerwartete Arbeitschancen annehmen. Gleichzeitig sollten wir nicht aufgeben. Man kann nie wissen, was um die Ecke sein könnte.

Schließlich sollten diejenigen, die in der gleichen Lage wie ich sind, nicht den Mut verlieren, weil Karriere ein fortlaufender Prozess ist, auf den es keine eindeutige Antwort gibt. Die eigene Richtung zu überprüfen, entsprechende Fähigkeiten zu entwickeln und den nächsten Zug zu planen – das sollte der beste Weg sein.

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Raphael Müller-Hotop

Ich heiße Raphael Müller-Hotop, bin Psychologe und war von Oktober 2014 bis August 2019 stellvertretender Vorstandsvorsitzender des NeuLand e.V.. Es begeistert mich jedes Mal aufs Neue das Engagement der AutorInnen und Ehrenamtlichen mitzuerleben und gemeinsam mit so vielen Menschen aus verschiedenen Kulturen dieses verbindende Projekt mitzugestalten. Was mir an NeuLand außerdem besonders gefällt ist der Austausch mit den AutorInnen und unser Ziel, durch die Vermittlung eines breiten Spektrums an Perspektiven Verstehen, Kennenlernen und Dialog zu fördern.