»Ein visionärer Geschäfts-Mann«

Mohamad Alhamod und sein Weg seit seiner Flucht aus Syrien bis zu seiner eigenen Modeboutique in München.

Alhamod baut sich zuhause, in Damaskus, eine komplette Existenz auf. Und dann legen Bomben seine Heimat in Schutt und Asche.

In seiner Heimatstadt Damaskus flogen die Bomben und er war drei Monate auf der Flucht, weil seine Heimat vom Krieg überrollt worden war. Alhamod hat in einem Foltergefängnis des Assad-Regimes gesessen, im Untergrund der syrischen Hauptstadt Damaskus. Er hat die Schüsse aus den Pistolen der Wärter gehört und daraufhin die Schreie der Menschen, die getroffen worden sind. Er sagt, dass ihn das alles hart gemacht habe, aber wie er spricht, das klingt poetisch.

Der Designer und Schneider musste 2015 fliehen und alles hinter sich lassen, ohne Aussicht auf Rückkehr. Als Modedesigner war er in Damaskus tätig. In Deutschland entschied er sich schnell, seine Leidenschaft fortzusetzen und eröffnete 2018 sein eigenes Atelier in München, mitten im Glockenbachviertel.

Alhamod sucht immer nach nachhaltigen Stoffen: Wolle oder Seide oder Naturmaterialien, die von Naturfasern sind.  Mohamad möchte Kleidung kreieren, die fair und nachhaltig ist und sie soll »sprechen«: über seine eigenen Erfahrungen, die Durchquerung der Kulturen.

Alhamods Mutter ist Schneiderin. Ihre Handarbeit war sein erster Kontakt mit allem, was es an Farben, Stoffen und Materialien gibt. »Ich bin immer fasziniert von Stoffen und Materialien, das ist einfach mein großes Interesse.« sagt Alhamod.

» Aber man muss immer an diesem Glauben festhalten, dass man es schafft. «

Er macht alles mit der Hand, aber schreibt keine Texte, sondern skizziert, damit es in Erinnerung bleibt, und damit er weiß, was er macht. »Man muss das nicht lernen. Man muss das haben. Man muss es einfach üben.« erzählt er. Er ist mit 14 in den Beruf eingestiegen.

Nach einer langen Zeit mit den deutschen Behörden, die seinen Beruf nicht anerkennen wollten, hieß es: Wie sollen wir wissen, dass du qualifiziert bist? Alhamod antwortete nur: »Was soll ich machen? Ich bin ein Meister. Ich arbeite in diesem Beruf seit ungefähr 18 Jahren.« Aber das Problem war leider, dass er keine Zeugnisse hatte. Nachdem er ein Jahr lang mit der Behörde gekämpft hatte, haben sie ihm als Externen erlaubt, die Prüfung zu machen. Aber er war bis dato weniger als zwei Jahre in Deutschland. Und bis zur Prüfung waren es weniger als zwei Monate!

Alhamod fragte sich, wie er es schaffen könne, den Prüfungsstoff zu lernen. Er verstand ja ungefähr nur 10% der Bücher. Also lernte er jeden Tag acht bis zehn Stunden.
Schließlich bekam er die Ergebnisse: Er hatte 52% der Theorie gewusst und damit die Gesellenprüfung bestanden. Auf Anhieb! Ohne je am Berufsschulunterricht teilgenommen zu haben!

Simone Jäckle, Fachlehrerin an der Berufsschule für Bekleidung / Deutsche Meisterschule für Mode war eine seiner Prüferinnen und sehr beeindruckt von seiner Leistung – mit nur knapp zwei Jahren an Deutschkenntnissen. Frau Jäckle erzählt: »Alhamod hatte in der Prüfung ein handwerklich tadelloses, sehr geschmackvolles Gesellenstück geschaffen. Ich finde, er hat hohes Potential als Designer, Schneider und visionärer Geschäftsmann.«

In der Baaderstraße eröffnete er seine kleine exklusive Boutique »Eliev« und baute sich damit in München eine Existenz auf. Seine Kollektionen schneidert er alle selbst.
Die Damenbekleidung stellt er vom ersten bis zum letzten Schritt alleine in Handarbeit her.

Simone Jäckle sagt: »In meinen Augen ist Mohamads Mode sehr westlich orientiert. Seine orientalischen Wurzeln spiegeln sich eher in kleinen Details, Stickereien, dem Spiel von Ver- und Enthüllung oder grafischen Prints wieder. Für mich bringt weniger Mohamads Mode die Verschmelzung von Ost und West, sondern viel mehr er als Mensch.«

Seine Offenheit, seine Hilfsbereitschaft und die charmante aber zielstrebige Leichtigkeit bringen Menschen aus allen Ländern in seinem Atelier zusammen – um ihn ein Stück zu begleiten und an Eliev mitzuarbeiten. Seine erste Modenschau war im Oktober 2018. Und das war eine große Aufgabe für ihn. »Ich bin von vielen Menschen unterstützt worden und sie haben an mich geglaubt.« erzählt Alhamod.

Es gibt immer wieder Herausforderungen und Schwierigkeiten, mit denen Alhamod konfrontiert ist. Das eine ist die Schließung in Zeiten von Corona und das andere Problem hängt mit seiner engen Wohnung zusammen: »Wir sind eine fünfköpfige Familie und wohnen seit vier Jahren auf 52 qm in München, unsere Kinder sind jetzt groß geworden und unser Problem ist eindeutig nicht mehr zu übersehen. Aber man muss immer an diesem Glauben festhalten, dass man es schafft. Und das war immer mein Motto und bleibt mein Motto.« sagt Alhamod. »Und deswegen habe ich auch mein Label nach Eliev genannt, nach dem englischen Believe.

Ich glaube fest an meinen Laden«.

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Raphael Müller-Hotop

Ich heiße Raphael Müller-Hotop, bin Psychologe und war von Oktober 2014 bis August 2019 stellvertretender Vorstandsvorsitzender des NeuLand e.V.. Es begeistert mich jedes Mal aufs Neue das Engagement der AutorInnen und Ehrenamtlichen mitzuerleben und gemeinsam mit so vielen Menschen aus verschiedenen Kulturen dieses verbindende Projekt mitzugestalten. Was mir an NeuLand außerdem besonders gefällt ist der Austausch mit den AutorInnen und unser Ziel, durch die Vermittlung eines breiten Spektrums an Perspektiven Verstehen, Kennenlernen und Dialog zu fördern.