5 Jahre LWC – Etwas Gutes für die Seele tun

Ahmed Al Zoubi flüchtete aus Syrien – und hilft jetzt beim Lighthouse Welcome Center® geflüchteten Menschen

Das Lighthouse Welcome Center® sieht nicht aus wie ein Leuchtturm – außer dass es in strahlendem Gelb-Weiß gehalten ist. Aber wie ein echter Leuchtturm soll es Sicherheit geben und helfen, den Weg zu finden: den Weg in ein neues Leben für die, die vor Hunger und Krieg nach Deutschland geflohen sind. Das kleine Infohäuschen steht am Eingang der Asylbewerberunterkunft in der Bayernkaserne. Und Ahmed Al Zoubi ist einer der Ehrenamtlichen, die seinen Betrieb ermögllichen.

Der Syrer steht an der Theke und grüßt freundlich die Vorbeigehenden. »Das Light House ist ein Treffpunkt für alle in der Bayernkaserne«, er- klärt er. Wer hier vorbeikommt, trinkt Tee und wechselt ein paar Worte. Manchmal bleibt es beim Smalltalk, manchmal suchen die Geflüchte- ten Hilfe. »Wir beraten zum Beispiel, wenn jemand einen Job sucht oder einen Ausbildungsplatz. Und wir vermitteln Kontakte zu Behörden und Organisationen.« Außerdem bieten sie Freizeitaktivitäten wie Bowling, Filmabende oder kleine Ausflüge an.

Zusätzlich sind Ahmed Al Zoubi und das Team der Ehrenamtlichen mit dem Light House mobil unterwegs. Mit dem fahrbaren Infostand besuchen sie Stadtteilwochen und Feste. Dort erreichen sie nicht nur die Betroffenen selbst, sondern alle, die sich über die Situation von geflüchteten Menschen informieren wollen.

Ahmed Al Zoubi heißt nicht wirklich so: Seinen echten Namen möchte er nicht gedruckt sehen, auch sein Foto nicht. Er hat Angst um seine Familie in Syrien. Wochenlang saß seine Mutter bereits im Gefängnis. Immer wieder wurde sie verhört, immer wieder gefragt: »Warum sind deine Söhne geflohen?« Deshalb will er keine Aufmerksamkeit erregen, will nichts riskieren. Nur helfen will er.

Ahmed Al Zoubi ist also selbst als Geflüchteter nach Deutschland gekommen. Den größten Teil zu Fuß, zusammen mit seinem Bruder. Mehr als vier Monate war er unterwegs. Von Bodrum fuhr er auf die griechische Insel Kos. Im Schlauchboot. Sechs Meter lang, 42 Personen, darunter auch Kinder. Im Winter. Es regnete und der Motor ging aus. Die Wellen waren hoch, das Boot voll Wasser. Nach sechs oder sieben Stunden kamen sie an. »Kein schönes Erlebnis«, sagt er ganz ruhig.

Und es ging weiter: über Athen und Thessaloniki in Richtung Deutschland. Teilweise musste er eine Strecke doppelt gehen, weil er festgenommen und als »Illegaler« wieder zurück vor die Grenze gebracht wurde. »Das ist nicht zu beschreiben«, erzählt er. »Wenn man eine Woche zu Fuß läuft, im Regen, im Wald schläft, friert, vom Fluss trinkt und dann wieder zurückgebracht wird. Das ist…« – er überlegt – »das ist unbeschreiblich.«

Anfang 2015 erreichte er Deutschland, die letzte Strecke von Budapest aus per Zug. Richtig angekommen war er aber immer noch nicht: Es ging von Asylbewerberunterkunft zu Asylbewerberunterkunft. Erst im Oktober 2017 traf er schließlich in München ein, wo er nun Zahnmedizin studiert.

Das hatte er schon in Syrien gemacht. Vier Jahre lang, er war fast fertig. Hier musste er wieder von vorn anfangen. Trotzdem ist Ahmed Al Zoubi ein optimistischer Zeitgenosse: jemand, der anpackt, der helfen möchte. Nach dem Ehrenamt im Lighthouse suchte er aktiv im Internet. Es ist schwer, neben dem Studium Zeit dafür zu finden, aber einmal pro Woche schafft er es immer. »Wenn man will, gibt es Zeit. Man muss sie sich nehmen!«, ist seine Devise.

Auch in Syrien war Ahmed Al Zoubi ehrenamtlich aktiv, auch wenn das anders organisiert war. Oder besser gesagt: nicht organisiert. »In einer Diktatur muss alles genehmigt werden. Es ist unmöglich, einen Verein fürs Wohl der Gesellschaft genehmigen zu lassen.« Deshalb ist der Zusammenhalt zwischen den Menschen größer. Egal ob Freunde, Verwandte oder Nachbarn und egal ob es um einen Hausbau, eine Hochzeitsfeier oder die Ernte geht: Man unterstützt sich. Man hilft. Spontan, freiwillig. Dort, wo gerade eine helfende Hand benötigt wird. »Das gehörte zu meinem Alltag«, erzählt Ahmed Al Zoubi. Und auch in Deutschland ist das Helfen wieder zu einem Teil seines Alltags geworden. Einen, den er noch ausweiten will. »Ich mache das sehr gerne«, sagt er lächelnd. »Man tut etwas Gutes für die Seele.«

Steffi Geihs (freie Mitarbeiterin Diakonie-Report)

Mit freundlicher Erlaubnis des Diakonie Reportes der Inneren Mission München, März 2019

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Raphael Müller-Hotop

Ich heiße Raphael Müller-Hotop, bin Psychologe und war von Oktober 2014 bis August 2019 stellvertretender Vorstandsvorsitzender des NeuLand e.V.. Es begeistert mich jedes Mal aufs Neue das Engagement der AutorInnen und Ehrenamtlichen mitzuerleben und gemeinsam mit so vielen Menschen aus verschiedenen Kulturen dieses verbindende Projekt mitzugestalten. Was mir an NeuLand außerdem besonders gefällt ist der Austausch mit den AutorInnen und unser Ziel, durch die Vermittlung eines breiten Spektrums an Perspektiven Verstehen, Kennenlernen und Dialog zu fördern.